Sonntag, 2. Mai 2021

Ramadan (II): Alkoholkonsum

Drinkies ist die national größte Kette an Läden, die Alkohol verkauft und auch an die Haustür liefert. Im Angebot sind die drei üblichen Biersorten Heineken, Stella und Sakkara (und ihre merkwürdigen Bastardkinder), Wein sowie je eine Sorte an üblichen Schnäpsen wie Whiskey, Gin, Vodka etc. Letzteres entspricht - vorsichtig ausgedrückt - nicht dem europäischen Standard. Diese Kette schließt aber kategorisch für Ramadan, also vier Wochen lang. Somit muss der weitsichtige Alkoholkonsument vorher bestellen und sich mit Vorräten ausrüsten. Spannend finde ich dabei, dass Alkohol grundsätzlich in schwarzen, undurchsichtigen Tüten verkauft wird, so dass man von außen den Inhalt nicht erkennen kann und die Nachbarn nicht zu tuscheln beginnen; diese Tüten werden allerdings in einem "Drinkies"-Scooter geliefert, also einer Marke, die nichts anderes als alkoholische Getränke verkauft, und der "Drinkies"-Schriftzug ist natürlich von weitem lesbar, so dass die Nachbarn garantiert zu tuscheln beginnen. 

Alternativ gibt es noch andere Lieferanten, die unter der Hand liefern. Dazu gibt es anscheinend eine Liste von Namen und Telefonnummern auf Facebook. Vor ein paar Jahren hat ein wohlmeinender Zeitgenosse auch die Namen und Telefonnummern lokaler Haschischdealer hinzugefügt. Dies hat sich wohl auch wegen des öffentlichen Zugangs zu dieser Liste als kein besonders tragfähiges Konzept erwiesen und jetzt ist es wieder eine exklusive Liste von Alkoholhändler. (Mit Drogen zu dealen, kann in Ägypten mit der Todesstrafe oder lebenslanger Haft bestraft werden; gleichzeitig wird der Haschischkonsum – so wie ich das verstehe – nicht bzw. nicht streng bestraft.)

 In großen Hotels bekommt man immer noch ein Bier, man möchte ja die Touristen und zahlungskräftigen Ausländer glücklich machen; spannenderweise werden aber Ägypter dort grundsätzlich nicht mit Alkohol bedient, selbst wenn sie Kopten sind, also gar nicht fasten. Und ja, die Religion steht im Pass, diesen Umstand kann man also nachprüfen. Finde ich persönlich etwas schwierig, dass ein Teil der Bevölkerung mitverpflichtet wird, an einer religiösen Praxis teilzunehmen. Andererseits haben wir in Deutschland das Tanzverbot an Karfreitag (das Tanzverbot am Volkstrauertag ist ja nicht religiös begründet); arbeitsfreie Sonntage, religiöse Feiertage und sicher noch andere Punkte, die mir gerade nicht einfallen. Aber das Gebot wenigstens im öffentlichen Raum mitzufasten, finde ich ein wenig übergriffiger, aber darüber kann man sicher streiten.

Bevor mir aber eine alkoholkranke Lebensweise unterstellt wird: Ich trinke hier insgesamt viel weniger. Man muss hier schon mehr Mühe in Kauf nehmen, etwas zu bekommen und die Variation an Getränken ist schon recht gering. Hier kann ich viel seltener - ganz ohne Ramadan - Genusstrinken. So kenne ich z.B. nur einen Italiener, bei dem es zur Pizza auch Wein gibt. Am meisten Lust hätte ich aber mal wieder Lust auf andere Biersorten. 


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