Montag, 19. Oktober 2020

Wer Wind säht ...

Die erste Saison meines Lesewettbewerbs in der 9. Klasse ist durch. Ein Teil der Schüler hat es recht gut angenommen. Jetzt habe ich die Klasse in fünf Ligen eingeteilt, so dass Vielleser mit Viellesern konkurrieren und Wenigleser mit Weniglesern. So sollte jeder einen Anreiz haben, auch wirklich zu einem Buch zu greifen. Allerdings habe ich zwei Fehler begangen:

 1. Die Preise - Haribopackungen - lagern bei mir Zuhause und schwinden ab und an auf mysteriöse Weise, so dass ich sie nachkaufen muss. Meine Klasse ist erst am Sonntag wieder in der Schule, da die Unter- und Mittelstufe in einem zweiwöchigen Rhythmus wechselt.

2. Ich habe selbst mitgemacht. Das führt dann - temporär! - zu solchen für mich ungünstigen Momentaufnahmen:  

Temporär sieht es schlecht für mich aus. Zwei Wochen habe ich noch.

Leider wurde dieser Umstand auch schon von einem Schüler bemerkt.

Ohne Worte.

Da müssen wohl bald mal wieder mündliche Noten gemacht werden... 

Freitag, 16. Oktober 2020

Wohnungssuche, die Zweite

 Als regelrechte Achterbahnfahrt könnte man die letzten Wochen beschreiben. Doch der Reihe nach.

Meine erste Wohnungsbesichtigung war ja durchwachsen. Die meisten Wohnungen kamen schon im Aufzug auf der Fahrt nach oben kaum in Frage, da das Haus, das um die Wohnung herum gebaut war, schon kurz vor der Pensionierung stand. Vielleicht war ich ja auch einfach pingelig, aber ein Aufzug ohne Tür, der ächzend und krächzend sich hochmühte und dabei immer an die Wände des Schachtes stieß, erzeugte bei mir einfach kein großes Zutrauen. Das Interieur, das wohl selbst meiner Großmutter in ihrer Jugend als veraltet erschienen wäre und auch sonst die beste Zeit hinter sich hatte, tat sein Übriges, um mich zu überzeugen, höflich, aber bestimmt wortlos und kopfschüttelnd die Wohnung zu verlassen. Gut, vielleicht war das nicht höflich, aber wenigstens bestimmt. 

Der einzige Lichtblick war die letzte Wohnung, die wenigstens ansatzweise geschmackvoll mit Möbeln aus den 80ern versehen war und dazu günstig. Nein, das ist nicht einmal ironisch gemeint. Nur war dies die Wohnung, bei der der Vermieter eine jemenitische Familie vorschützte, um mich zu einem schnellen Abschluss zu bewegen. Von daher lehnte ich ab, gerade auch weil ich mich nicht unter Druck setzen lassen wollte.


Potentielle Wohnung. Aktuell ohne Plastik um die Möbel.

Ein ägyptischer Freund vermittelte mir dann A., einen anderen Makler. Wie sich bei unserem Treffen herausstellte war der Makler eine Maklerin, eine junge, nicht unattraktive dazu. Die Wohnungen, die sie mir zeigte, zeigten direkt ein doch etwas höhere Qualität auf, lagen aber meist an etwas lauten Hauptstraßen. Auch hier war die letzte Wohnung die überzeugendeste - der aufmerksame Leser erkennt  ein Muster. Das Interieur versprühte den Charme einer Wohnung für verdiente Stasi-Offiziere. Und in der Tat posaunte hier vor fünfzig Jahren ein Kulturzentrum des kommunistischen Bruderstaates, der DDR, das Ideal des "Realexistierendem Sozialismus" in die arabische Welt. Als Zeugen dieses Projektes blieben einige Sessel, Tische und eine Couch zurück, fern der Heimat und doch bei bester Gesundheit. Da eine Treppe direkt auf eine großzügige und gemütliche Dachterasse führte, auf der man unter Wahrung von Corona-Sicherheitsabständen eine ganze Fußballmannschaft mit Auswechselspielern und Spielerfrauen beherbergen hätte können, konnte ich nicht Nein sagen. 

DDR-Wohnung mit Vermieter (links im Bild) und
Treppe zur Dachterasse (rechts im Bild).

Zwischendurch meldete sich wieder mein alter Vermieter und trat mit mir in Verhandlungen, so dass ich weiter hier in meiner alten Wohnung bleibe. Auf meinen Vorwurf, das Preis-Leistung-Verhältnis sei nicht akzeptabel, wollte er die Miete kürzen und dafür die Wohnung verkleinern, indem er ein Zimmer der Nachbarwohnung zuschlagen würde … was so ziemlich nichts an der Ausgangssituation geändert hätte. Auf meine Forderung, den Preis zu mindern und dafür mein drittes - liebevoll Wäsche-/Abstell-/Gästezimmer genanntes - Zimmer doch mal so zu gestalten, dass ich es nutzen könnte und dazu noch den Preis zu reduzieren, kam er erwartungsgemäß nicht nach. 

Also war klar, dass ich die DDR-Wohnung nehmen würde. 

Doch dann passierte etwas typisch Ägyptisches: Der betagte Vermieter und ich waren uns einig, nur der Vertrag musste noch unterschrieben werden und eine Anzahlung geleistet werden. Doch plötzlich wollte der Vermieter, dass ich neben der Kaution - eine Kaltmiete - auch noch drei Monatsmieten zahle. Was ich ablehnte. Hingegen wollte ich über den Vertrag noch einmal jemanden drüber lesen lassen. Was ihm nicht passte, da der Vertragsabschluss ihm nicht zu schnell ginge. Auch wollte er den Vertrag nur über ein-drei Monate laufen lassen, sollte ich aber vor den Sommerferien ausziehen, wollte er, dass ich mehr zahle, weil alles andere sei ja "unfair". Eine für mich nicht ganz nachvollziehbare Argumentation.

Lange Rede, kurzer Sinn: Auf einmal zog auch er potentiell andere Mieter aus dem Hut, dieses Mal waren es Franzosen, die dann auch tatsächlich noch am gleichen Abend den Zuschlag bekamen. Auf lange Sicht ist das sicher besser so, aber mein schon fast sichere Umzug löste sich damit in Luft auf. 

Am gleichen Abend traf ich mich dann mit meiner Maklerin, wir tranken ein wenig, lästerten über den Vermieter … und kamen uns etwas näher. Das war soweit auch ganz nett, aber beim nächsten Treffen, erschien sie mir irgendwie seltsam. Ich kann jetzt nicht sagen, ob sie sich in mich verguckt hat, aber die Art der Kommunikation veränderte sich radikal, irgendwie unangenehm dazu. Die eigentlich aufgeschlossen, selbstbewussten junge Frau verwandelte sich ein Püppchen, das keinen klaren Satz mehr herausbekam und mit verträumten Augen anstierte - für meinen Geschmack zu verträumt und zu lange. Danach bekam ich auch Nachrichten à la, sie würde mich vermissen und einen Tag später - da ich nicht sofort reagierte - Hassmails und einen sofortigen Kontaktabbruch. Dann die Drohung, sie würde mein Leben ruinieren, wenn ich jemandem von unserer Liason erzählte; anschließend erneut Abbruch des Kontaktes. Das war eine etwas überraschende Dynamik. So verlor ich nicht nur die Wohnung, sondern auch meine eigentlich kompetente Maklerin innerhalb weniger Tage. Sehr bitter. Andererseits zeigt es das doch etwas verquere Geschlechterverhältnis hier in dem Land. 

Gestern traf ich mich dann wieder mit meinem alten Makler. Alle Wohnungen waren im Bereicht von "danke, reicht" bis hin zu "naja". Aber er teilte mir mit, die Wohnung, die mich beim letzten Male interessiert hätte, wäre wieder zu haben. Mal schauen, ob es dieses Mal klappt.

Auf geht die nächste Runde Achterbahn fahren.

Und von der Schule und privaten Unternehmungen habe ich ja noch gar nicht angefangen.