Samstag, 1. Mai 2021

Ramadan (I): Der ungewöhnliche Ladenschluss und seine Vorteile

Ramadan in Deutschland und Ramadan in Ägypten spiele - wenig überraschend - in zwei unterschiedlichen Gewichtsklassen. So habe ich in Deutschland Ramadan immer nur am Rande mitbekommen, mehr zufällig als geplant. Hier dagegen wurde ich das erste Mal mit Menschen kofrontiert, die nicht wussten, wann Weihnachten beginnt. Gut, etwa zehn Prozent der Bevölkerung sind Kopten, quasi orthodoxe Christen, die im Januar feiern. Aber selbst wann das ist, ist vielen Muslimen nur so halb bewusst. (Kein Vorwurf, geht mir mit Ramadan außerhalb von Ägypten genauso.) Dagegen prägt der Ramadan das Leben hier. 

Wie betrifft Ramadan das Leben eines Menschen, der selbst nicht fastet? Im folgenden werde ich anhand dreier Punkte - Ladenschluss, Alkoholverkauf und unerwartete Beschränkungen bei der Essensbestellung - aufzeigen, wie sich der Ramadan hier für mich bemerkbar macht.

Ladenschluss

Ramadan hat neben Einschränkungen auch Vorteile. So ist eine Einschränkung, dass viele Läden mit Sonnenuntergang (oder kurz davor) schließen. Supermärkte öffnen anschließend, aber mein Friseur offensichtlich nicht. Eines Tages, ca. drei Wochen nachdem meine Frisur aufgehört hatte, respektabel auszusehen, betrat ich den Friseurladen etwa eine dreiviertel Stunde vor Ladenschluss. Normalerweise brauche ich etwa zwei Stunden dort, weil mir neben dem Haarschnitt auch noch Gesichtsmasken angeboten werden, Entfernung von Haaren in diversen Gesichtskörperöffnungen, Maniküre, Pediküre, Dampfbäder und natürlich der Haarwäsche. Gut, ich mache da nicht alles mit, und bei den meisten Sachen habe ich keine Ahnung, wofür das überhaupt gut sein soll, aber es ist günstig und ich bekomme Aufmerksamkeit. Die Hälfte der zwei Stunden Aufenthaltsdauer lässt sich vermutlich darauf zurückführen, dass sie mich die Hälfte der Zeit vergessen, aber hey!, was soll's. 

Beispiel: Zusätzliche Dienstleistungen beim Friseur,
z.B. sadistische Spiele und Gesichtsmasken.

An Ramadan lief es dann aber ein wenig anders. Es schien mir, als hätte der Friseur es nach zwölf Stunden ohne Essen und Trinken es irgendwie eilig nach Hause zu kommen. Als jemand, der auch schon mal vier Stunden unfreiwillig gefastet hat, kann ich seine Essenssehnsucht ja nur erahnen. So schnell hat mir jedenfalls noch keiner die Haare geschnitten. Und entgegen des Usus gab es kaum weitere Angebote für Gesichtspeeling, Maske und Co. Da ich es eh eilig hatte, nenne ich das mal eine Win-Win-Situation und nehme mir für die Zukunft vor, häufiger kurz vor Ladenschluss Geschäfte zu betreten, weil sich dann der Besuch auch auf das Geschäft beschränkt und man sich nicht erst setzen muss, einen Tee bekommt, ein bisschen plaudert über Gott und die Welt, bevor man sein Anliegen kundtun kann. Da merke ich doch meine pragmatisch deutsche Prägung. Außerdem rede ich ja nicht gerne.

Allerdings würde ich aber darauf verzichten, das Taxi kurz vor Sonnenuntergang zu nehmen. Denn auch diese haben es eilig nach Hause zu kommen; und fast alle anderen Verkehrsteilnehmer auch. Die Straßen sind somit zwar leerer, aber auch gefährlicher. Von daher bin ich da etwas zurückhaltender.

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