Samstag, 31. August 2019

Die Henna-Party


Am Mittwoch wurde ich von einer ägyptischen Freundin, Noura, spontan zu einer Henna-Party eingeladen. Henna ist den meisten sicher ein Begriff, es ist einfach diese indische Tattoo-Farbe, die nach einigen Wochen wieder verschwindet. Im Rahmen dieser Feier spielt diese Farbe zwar eine Rolle, aber konkret ist das eine Feier am Vorabend einer Hochzeit. Ursprünglich war das wohl nur für die Braut und ihre Freundinnen gedacht, mittlerweile sind aber auch Männer mit dabei, was den Raum für mein Erscheinen öffnete.

Nachdem mich der Uber-Fahrer an einer falschen Stelle rausgeschmissen hatte (war aber wohl eher ein technischer Fehler als seine Schuld), musste ich noch zehn Minuten durch ein Viertel laufen, das anscheinend einen etwas zweifelhaften Ruf hinsichtlich Kriminalität hat. Zum Glück wusste ich das nicht, weswegen ich entspannt am Ort des Geschehens eintraf. Um zum Brautpaar und den Gästen zu kommen, musste man sich an einer DJ-Bühne mit großen Boxen vorbeizwängen, der nach Geschlechtern getrennte Tanzbereich wurde von Stühlen umrahmt, die an den Hauswänden der kleinen Gasse lehnten. Eingeladen waren Freunde, Familie und Nachbarn des Brautpaares. Mich entspannte es ein wenig, dass neben Noura auch noch Anna da war, eine Italienerin, die seit zehn Jahren in Kairo lebt und dementsprechend flüssig englisch wie arabisch spricht. (Ich gehe davon aus, dass ihr Italienisch auch in Ordnung ist, aber das habe ich aus Höflichkeit sowie mangelnden Sprachkenntnissen einfach mal nicht überprüft.)


von links: Noura, Anna, ich 

 Mit der Hennafarbe schminken sich die Mädels ihre Hände sowie andere Körperteile, die Braut zum Beispiel den Nacken und Schulterpartien. Daneben konnte man sich als Gast etwas davon in die Handfläche schmieren, da das angeblich Glück bringen soll. Da ich davon ausgehe, dass es Glück bringt, wenn man Dinge tut, von denen andere denken, dass es Glück bringt, habe ich das dann einfach mal mitgemacht. Jetzt überzieht eine gelbliche Farbe meine Handfläche, die mich stark an die Nikotinflecken erinnert, die ich früher vom Rauchen an den Fingern hatte. Naja, Hauptsache Glück.



oben linke: meine Hand mit Henna-Schlamm
rechts: eingefärbte Handfläche  (Anna)
links: das Gleiche nochmal, aber von einem anderen Menschen(Noura)

Nachdem in Styroporverpackungen Essen verteilt wurde ... einfach indem mir Styroporverpackungen auffallen und ich sie erwähne, weil sie ja so umweltschädlich sind, fühle ich mich schrecklich deutsch! Naja, ich kann halt auch nicht raus aus meiner Haut. Also, nachdem das Essen in Styroporverpackungen sowie Coladosen zum Trinken verteilt und verzehrt wurden, nahm die Tanzbegeisterung wieder an Fahrt auf. Die Braut hatte mittlerweile zum zweiten Mal ihr Outfit gewechselt und sollte es noch wenigstens zwei weitere Male tun. (Insgesamt hatte sie wohl fünf verschiedene Outfits.) Da Mädels und Jungens ja getrennt tanzten – mit Ausnahme des Bräutigams, der mit seiner Braut tanzen durfte – wurde ich von den Jungs zum Tanzen aufgefordert. Das brachte mich natürlich in eine Zwickmühle, schließlich hatten die da ja gar kein Bier, mit dem man die Hemmschwelle wegtrinken konnte. Meine intuitive Reaktion wäre es also gewesen, mich an den Rand zu setzen, aggressiv mit dem Fuß zu wippen und dabei mit meinen Augen die Szenerie genau zu beobachten und somit mein spaßbefreites Deutschtum zu zelebrieren. Irgendwie bin ich da aber falsch abgebogen …






Wenn der aufmerksame Beobachter aufmerksam beobachtet, beobachtet er, wie ich hier in die Festivitäten voll eingebunden bin. Ach jetzt einfach mal Butter bei de Fische: Ich hab' die Party gerockt! Und das alles ohne einen Tropfen Alkohol zur Auflockerung! Will ja nicht angeben, aber ... doch, eigentlich schon ein bisschen. Aber wer nach nicht einmal zwei Wochen in einem fremden Land so bei den Einheimischen mitmischt, der darf meiner bescheidenen Meinung auch ein bisschen prollen!

Da es Homosexualität in Ägypten „nicht gibt“, hat das mit dem Tanzen nur unter Männern auch so seine Richtigkeit. Auch ist im Arm einhaken oder an den Händen genommen zu werden auch nicht unüblich. Ist noch ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber interessant finde ich schon, dass Berührungen unter Männern so viel weniger tabuisert sind ... weil eben Homosexualität tabuisiert wird. Sehr merkwürdig. 

Die Party auch ehrlich Spaß gemacht, vor allem hat es mich gefreut, diese vielgepriesene Gastfreundschaft mal hautnah zu erleben. Nur Zwischendurch habe ich mich wohlweißlich zurückgezogen, als einer ein Messer gezogen hat und damit tanzend wild rumgefuchtelt hat. Das sah zwar schon irgendwie artistisch und gekonnt aus … aber da habe ich mich für eine Weile doch lieber zurückgezogen, und das nicht nur, weil ich als Deutscher ja weiß, dass alles, was Spaß macht, schon aus Prinzip verboten sein muss, sondern auch weil ich ein neues Hemd anhatte und ich das nicht ruinieren wollte, indem ich den Inhalt meiner Milz drauf ergieße. Ich weiß ja nicht einmal, was die Milz so macht, aber deswegen brauche ich sie ja nicht gleich aufschneiden lassen, erst recht nicht in einer nichtsterilen Umgebung. Immerhin hatte die Mutter der Braut es unterbunden, dass eine Pistole zur Freude der kommenden Hochzeit nicht abgefeuert wurde. Davon habe ich aber erst hinterher erfahren ... war wohl auch besser so.

Zurück zum Thema: Die Musik der Ägypter hatte was. Vom jeweiligen Text habe ich natürlich nichts verstanden, aber die Musik hatte immer Rhythmus und ich konnte gut drauf tanzen, ohne die Lieder zu kennen. Im Gegensatz dazu würde sich ein Ägypter in Deutschland mit Helene Fischer sicher schwerer tun. Aber ich auch, von daher hätte ein solcher Ägypter auch mein vollstes Mitgefühl.

Spannend fand ich, dass das Brautpaar, vor allem aber die Braut den ganzen Abend über sehr stark in den Mittelpunkt gerückt wurde. Beim Tanzen war sie praktisch die ganze Zeit im Mittelpunkt. Sie zog immer mal wieder von ihren Freundinnen oder den Bräutigam zu sich und die anderen - meist Frauen - umkreisten sie tanzend und klatschend. Das hatte durchaus etwas für sich, weil so noch deutlicher wird, dass hier zwei Personen gefeiert werden.

Als ich mich am Ende verabschiedet habe, wurde ich sogar zur Hochzeit zwei Tage später eingeladen. Habe wohl einen nicht allzu schlechten Eindruck gemacht. Dazu später mal mehr, doch für heute reicht’s mir.

1 Kommentar:

  1. Stefan du geiler Typ!
    Genieße die Zeit bei den Pharaonen ..
    liebe Grüße aus Freiburg

    AntwortenLöschen