Mittwoch, 28. August 2019

Ankunft


Puh, jetzt sind schon zwei Wochen seit meiner Ankunft hier vergangen und ich habe immer noch kein Statusupdate erfolgen lassen. Sehr böse von mir. Grundsätzlich ist der Ersteindruck nach zwei Wochen sehr positiv, mir gefällt es jedenfalls sehr gut, auch wenn ich jeden Abend tot ins Bett falle, weil so viel auf mich einstürmt.

Es ist heiß. Richtig heiß. Während mir beim Abflug in Deutschland noch kalt war und der Regen ans Fenster prasselte, schlug mir bereits bei der Ankunft in Kairo die Hitze aufs Gemüt. Wenn man die Wohnung – oder schlimmer: das Lehrerzimmer – verlässt, läuft man gegen eine Wand aus Hitze. Gerade der Kontrast fordert den Kreislauf stark heraus. Nach etwa zwei Wochen habe ich mich daran ansatzweise gewöhnt, so sehr man sich eben gewöhnen kann. In meiner Wohnung habe ich zwar eine Klimaanlage, stelle sie aber nicht zuuuu kalt ein, damit der Schock beim Eintreten in die Welt da draußen nicht allzu heftig ausfällt. Im Lehrerzimmer hingegen friere ich nicht selten, da anscheinend gerade die ägyptischen Kollegen es gerne ein paar Grad kälter wünschen als die deutschen Kollegen.
Dank der Klimaanlagen hatte ich auch schon meine erste Erkältung, die langsam abklingt. Abgesehen davon gibt es ein paar weitere körperliche Wehwehchen, die mir zeigen, dass mein Körper erst noch richtig in Kairo ankommen muss.

Die erste Woche stand unter dem Gesichtspunkt in Kairo anzukommen und noch ein bisschen hier die Gegend zu erkunden. An (und in) den Pyramiden war ich ja schon im April, von daher habe ich es jetzt ausgelassen. Dafür besichtigte ich mit einem Kollegen, Christian, das ägyptische Museum. Vorher bezeichnete er es noch als „Rumpelkammer“, was ich leicht abschätzig fand … aber leider trifft es das ganz gut. Es gibt nicht nur kein didaktisches Konzept, die meisten Ausstellungsstücke sind lose Epochen zugeordnet und stehen dann so in einem Raum rum, manchmal mit arabischen und englischen Texten erklärt, manchmal nur (!) mit Blindenschrift und nicht selten gar nicht. Dazu gibt es kaum Sicherheitsvorkehrungen, die Ausstellungsstücke vor den Besuchern zu schützen. Vieles kann einfach angepackt werden. Immerhin gibt es ein Rauchverbot, an das sich die meisten Besucher auch halten. Nichtsdestotrotz denke ich mir, man könnte aus den kulturellen Schätzen, die Ägypten hat, deutlich mehr machen. Immerhin wird gerade an einem Neubau gebaut, der meines Erachtens nächstes Jahr eröffnen soll (wenn ich mich nicht täusche).

Abgesehen davon habe ich noch die Zitadelle von Saladin einschließlich der Moschee besucht sowie den al-Azhar Park, von dem aus man einen schönen Blick auf die Zitadelle hat. Okay … das war es eigentlich mit dem Sightseeing. Meistens lag ich platt in der Wohnung wegen der Erkältung und weil ich echt heftige Blasen an den Füßen hatte. Außerdem chillt es sich doch recht angenehm in einer Portion angemessenem (!) Selbstmitleid.

Ein wichtiger Punkt der Freizeitgestaltung war das abendliche gemeinsame Essen mit ein paar neuen Kollegen und Anhang. Denn die Lebenshaltungskosten sind hier tendentiell sehr niedrig. Mein Arabischlehrer meinte, man bräuchte etwa 5000 ägyptische Pfund, um hier mit einer kleinen Familie über die Runden zu kommen (ohne jeglichen Luxus). Das sind umgerechnet 280 €. Das bedeutet, dass ich mir momentan sogar vergleichsweise teures Essen leisten kann und selten mehr zahle als 20 € für einen Abend. Ein einem Döner vergleichbarer Snack kostet dagegen umgerechnet nur 1,50€; man kann aber auch schon für 50 Cent satt werden. Das Essen ist aber nicht nur billig, sondern auch sehr lecker. So habe ich gestern meine erste Wassermelone gegessen, die mit Abstand, mit weitem Abstand die beste Wassermelone war, die ich je in meinem ganzen Leben gegessen habe. Später brachte mich mein Arabischlehrer aber wieder auf den Teppich, denn schließlich sei gerade die schlechteste Zeit, um Wassermelonen zu essen.
Da ich vor meiner Reise nach Kairo immer wieder gefragt wurde, ob ich mir die Entscheidung in eine solche große Stadt zu ziehen gut überlegt hätte wegen Sicherheit und so: Hier ist absolut alles fein! Bis jetzt hatte ich noch keine Situation mit zwielichtigen Gestalten oder eine andere, in der ich mich auf irgendeine Weise unsicher gefühlt hätte. Jetzt wendet sicher jemand ein: „Ja, aber du bist doch auch ein Kerl; als Frau sieht das doch schon anders aus!“ Natürlich maße ich mir da kein letztendliches Urteil an. Was mir berichtet wurde, ist leicht ambivalent. Wer in einem Uber (die digitale Alternative zu einem Taxi) unterwegs ist, scheint wenige bis keine Probleme zu haben; Taxifahrer selbst können dagegen bei alleinreisenden, westlichen Frauen durchaus übergriffig werden. Es gibt den Rat, hier möglichst schnell und deutlich Grenzen aufzuzeigen, dann scheint das zu gehen, immer auch abhängig von der eigenen Toleranzgrenze.

Unsicher hingegen fühle ich mich schon ab und an im Straßenverkehr. Gerade eine Straße zu überqueren fordert Selbstbewusstsein, da es hier keine (oder kaum) Fußgängerüberwege gibt und die Straßen nicht in Fahrbahnen eingeteilt sind und so jeder fährt, wie es gerade passt und links wie rechts überholt. In der Hinsicht bin ich für mein Auslandsaufenthalt in Frankreich dankbar, da das wenigstens eine kleine Vorstufe dessen war, was ich hier erlebe.

Abschließend kann ich sagen, dass die Stadt schon eine Herausforderung für die Sinne ist. Ständiges Gehupe, Imbissläden auf der Straße, wilde Müllhalden an der Straße, heftige Abgase von Autos, die keinerlei Filter für egal was haben; ein Mann ohne Beine auf einer Auffahrt, Eselwagen, die Müll abholen; Menschen, in Cafés, die Shisha rauchen … das Leben findet hier auf der Straße ab, vor allem abends, nachdem es dunkel wurde. In meinen deutschen Augen herrscht hier das Chaos, nicht nur im Straßenverkehr. Das ist faszinierend, strengt aber auch an … aber gerade für diese Erfahrungen bin ich ja hierhergekommen.

Kurz: Mir gefällt’s!

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